» übrigens, unter anderem vom ex-vienna-internationalen Hans Menasse handelt
» auch 'Vienna' von Eva Menasse (es geht eher um Wien als um den klub, aber
» eben auch). guter roman rundherum.
»
» ARTIKEL:
»
» "Es gab kaum Kontinuität"
» Wofür stand jüdischer Fußball und was blieb von ihm nach 1945? Ein
» Gespräch mit dem Ex-Internationalen Hans Menasse und dem Politologen John
» Bunzl über Antisemitismus in der Stadthalle, Hänseleien in Luton und
» irakische Hakoah-Fans in Tel Aviv
»
» Ballesterer: Eine Definition von jüdischem Fußball fällt nicht leicht. Was
» verstehen Sie darunter?
»
» John Bunzl: Der Begriff trifft wahrscheinlich nur auf die Hakoah zu,
» obwohl Juden natürlich auch in anderen Vereinen gespielt haben - aber eben
» nicht in erster Linie als Juden. Und auch bei der Hakoah war nicht ganz
» klar, welche Art der jüdischen Identität dahinter stand. Wichtig war, dass
» man aus einer jüdischen Familie war und Sport betreiben wollte. Gerade in
» der Ersten Republik war das in nicht-jüdischen Klubs oft nicht so
» einfach.
»
» Hans Menasse: Spätestens 1938 hat sich alles aufgehört. Nach dem Krieg gab
» es dann nur mehr sehr wenige Juden im Fußball. Bei der Austria wurde die
» Tradition der jüdischen Funktionäre weitergeführt: Michl Schwarz, die
» Gebrüder Lopper, Bujo Guttmann, ...
»
» Zählt das nicht auch zum jüdischen Fußball?
»
» Bunzl: Wenn man bei der Austria von jüdischem Fußball spricht, wäre das
» antisemitisch, weil man von keiner Selbstdefinition ausgeht. Ich fände es
» problematisch, Leute, die bei einem Verein gespielt haben und mehr oder
» weniger zufällig Juden waren, so zu kategorisieren.
»
» Herr Menasse, sind Sie in den 1950er Jahren in Wien noch auf alte Helden
» der Hakoah aus der Zwischenkriegszeit gestoßen?
»
» Menasse: Nicht, dass ich wüsste. Ich kann mir sogar vorstellen, dass ich
» zu dieser Zeit der einzige Jude war, der in Österreich professionell
» Fußball gespielt hat. Wobei Jude bei mir auch nur halbrichtig ist, weil
» ich eine katholische Mutter hatte.
»
» War Ihr jüdischer Hintergrund im Fußball je ein Thema?
»
» Menasse: Unsere Eltern haben meinen Bruder und mich vor dem Krieg mit
» einem Kindertransport nach London geschickt. Als ich aus England zurück
» zur Vienna gekommen bin, hat niemand gesagt: »Es spielt jetzt ein Jude bei
» uns«, sondern ich galt quasi als englischer Legionär.
»
» Wie ist es Ihnen als deutschsprachiger Jugendlicher in England ergangen?
»
» Menasse: Ich habe innerhalb von drei Monaten fast perfekt Englisch
» gelernt. Mit Kriegsbeginn 1939 wurden alle Londoner Schulen aufs Land
» evakuiert. In dem Dorf, in das wir gekommen sind, gab es einen Boys Club
» mit einer Fußballmannschaft, in der ich sofort spielen konnte. Damals gab
» es schon ein sehr dichtes Netz an Scouts. Denen bin ich aufgefallen und zu
» einem Probespiel zu Derby County geschickt worden. Damals war ich 15 und
» wirklich zaundürr. Sie haben zu mir gesagt, ich hätte Talent, sei aber
» körperlich viel zu schwach. Ein Jahr später ist dann Luton Town auf mich
» aufmerksam geworden und ich habe bis 1947 für sie gespielt. Es gab dann
» sogar eine briefliche Anfrage von Arsenal, auf die ich sehr stolz bin.
» Aber da war ich schon wieder in Wien.
»
» Hatten Sie als Österreicher während des Kriegs keine Probleme in England?
»
» Menasse: Wegen des Namens bin ich immer wieder gehänselt worden, der war
» unmöglich für die Engländer. Sie haben mich »Hens« genannt. Ansonsten gab
» es eigentlich nichts. Wegen dieser Geschichte habe ich allerdings
» beschlossen, meinen Kindern internationale Namen zu geben. Sie heißen
» Robert, Eva und Tina. Namen wie Klaus-Jürgen sind ja fürchterlich. Ich
» hoffe, ihr heißt nicht so.
»
» Und wie haben die Engländer Menasse ausgesprochen?
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» Bunzl: »Menace«? (dt. Gefahr, Anm.)
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» Menasse: »Minass«, der Nachname war aber nicht wichtig. Das war alles viel
» lockerer als bei uns. Als ich mit 17 zurückgekommen bin, haben mich alle
» mit »Herr Menasse« angesprochen.
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» Bunzl: Ich hätte eigentlich auch Hans heißen sollen, in Erinnerung an
» einen Bruder meines Vaters, der in Dachau umgebracht wurde. Meine Eltern
» haben sich in der englischen Emigration kennen gelernt. Weil ich in London
» auf die Welt kam, haben sie mich John genannt.
super Artikel,super Ausgabe!! |