berni1894

07.03.2009, 19:57
 

Vienna bzw. Menasse im Standard/ neuer Ballesterer III/III (Public)

Was waren die spannendsten Momente während der Arbeit an Ihrem Buch?

Bunzl: Das Interview mit der Schwester von Friedrich Torberg in Israel war sehr berührend. Außerdem haben wir den Filmemacher Yaron Zilberman (Regisseur des Films »Watermarks« über die Hakoah-Schwimmerinnen, Anm.) kennengelernt, der derzeit einen Film über den Fußball der Hakoah vorbereitet. Eine wirkliche Freude war auch die Bekanntschaft mit dem Hakoah-Verein in Tel Aviv, der im Buch ja eigentlich nicht vorkommt. Er heißt Hakoah Ramat Gan und sieht sich tatsächlich in der Kontinuität der Wiener Hakoah. Der Verein hat dasselbe Klublogo, war zweimal israelischer Meister und spielt seit dieser Saison wieder in der ersten Liga. Interessant ist, dass die Fans hauptsächlich aus dem Irak stammende Juden sind, die in Ramat Gan leben. Als ich dort war, ist ein Vereinsverantwortlicher zu mir gekommen und hat gesagt: »Wir wollen etwas über die legendäre Hakoah auf unserer Homepage bringen. Die ist doch Teil unserer Tradition. Kannst du uns nicht etwas über ihre großen Erfolge schreiben?« Das ist eine unglaubliche Aneignung einer ganz fremden Tradition.

Menasse: Ich erinnere mich doch an eine Begebenheit, in der meine jüdische Herkunft eine Rolle gespielt hat. Als wir 1957 mit der Vienna mehrere Spiele in Israel bestritten, war ich der große Star. Wir hatten Nationalspieler wie Schmied, Koller oder Röckl, die bekannter waren, aber in Israel hab ich mich vor lauter Interviewanfragen nicht erwehren können. Auf meinen Mitspieler Süß haben sie sich auch gestürzt, der war aber gar kein Jude, was die Reporter nicht wahrhaben wollten.

Wie wichtig war nach 1945 der Einfluss von Juden aus Mitteleuropa auf den israelischen Fußball?

Bunzl : Ich würde das nicht überschätzen. Abgesehen von bestimmten Bereichen, wie etwa dem Rechtswesen, hat sich der Einfluss der deutschsprachigen »Jeckes« in Israel in Grenzen gehalten. Ich glaube nicht, dass der Fußball da eine Ausnahme war. Es gibt in Israel aber nach wie vor den Mythos der Wiener Hakoah, weil es etwas Einzigartiges war, Fußballmeister eines europäischen Landes geworden zu sein.

Wie hat die Exil-Hakoah in das politische Spektrum der Sportvereine in Israel gepasst?

Bunzl: Es gibt drei große Sportverbände. Hapoel, der »Arbeiter«, stand ursprünglich der Gewerkschaft und der Arbeiterpartei nahe. Maccabi gilt als bürgerlich und zentrumsnahe. Dort wäre die Hakoah einzuordnen. Der rechtszionistische Verband heißt Beitar. Aber das sind heute nur noch Namen, das Parteiensystem hat sich verändert. Beitar Jerusalem ist so wie Rapid in Österreich, nur orientalisch und total übersteigert. Die Fans sagen »ich bin Beitar«, nicht »ich bin Anhänger von Beitar«.

Sind Sie selber Anhänger eines Klubs?

Menasse: Ich war seit jeher Austrianer. Nicht wegen meiner jüdischen Wurzeln, sondern wegen des wunderbaren Scheiberlspiels und meiner Freundschaft zu Joschi Walter. Das Engagement von Frank Stronach hat mich zwar arg verdrossen, die Austria ist mir aber immer noch lieber als Rapid und alle anderen Mannschaften. Die Vienna hat sich mir gegenüber nicht sehr gut benommen. Ich habe zehn Jahre für den Klub gespielt, aber als ich sehr krank wurde, war ich für den Verein gestorben. Immerhin konnte ich später mit der Austria 5:2 auf der Hohen Warte gewinnen.

Herr Bunzl, mit welcher Mannschaft sympathisieren Sie?

Bunzl: Als Kind war ich ein Vienna-Anhänger, obwohl ich keinen direkten Bezug hatte.

Wenn man in der Kultusgemeinde nach dem Lieblingsverein fragen würde, was wäre das Ergebnis?

Menasse (lacht): Maccabi wahrscheinlich...

Bunzl: Wenn es um österreichische Vereine geht, hätte wahrscheinlich schon die Austria die Nase vorn.

Menasse: Rapid würde gefühlsmäßig eher schlecht abschneiden. Einige wichtige Mitglieder sind ja bekennende Austria-Anhänger und teilweise auch kleine Sponsoren.

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