Die Ära Schinkels (Public)

verfasst von The Ghost of Rudi Hevera(R), 28.08.2010, 08:45
(editiert von The Ghost of Rudi Hevera, 28.08.2010, 08:53)

wird wohl heute oder morgen zu Ende gehen. Bei der angesetzten Frist von zwei Spielen hat unser Präsident wohl übersehen, dass jetzt eine zweiwöchige Pause ins Haus steht. Der Gedanke, dass man diese ungenutzt verstreichen läßt, das nächste Spiel abwartet und dann innerhalb von vier Tagen einen neuen Trainer suchen muss (Dienstag-Spiel gegen FC Lustenau), kann nur als abwegig bezeichnet werden, noch dazu nach dem gestrigen Kick. Schinkels hat in den letzten Tagen und Wochen alles dafür getan, die Mannschaft und den Verein herunterzuwirtschaften, der Tiefpunkt dürfte nun erreicht worden sein.
123 Tage dauerte seine Ära, eine der schwärzesten in der Vienna-Geschichte. Jeder im Fußballgetriebe wusste von der schaumschlägerischen Art und Weise, mit der Schinkels seine Schwächen zu übertünchen probiert, nur bis in die Klabundgasse hatten sich die nie durchgesprochen. Zwei Verträge für diesen Popanz innerhalb eines Monates gemahnen an einen Mann, der, obwohl die wohlmeinende Ehefrau an seinem Ärmel zerrt ("Franzl, geh weida!"), auf der Mariahilferstraße von einem Hütchenspieler genommen wird und sich dann frisch-fröhlich ein Monat später, die Beweislage souverän verdrängend, einem weiteren Spielchen stellt.
Schinkels wurde schon von Tag 1 an seinem Ruf gerecht. Lächerliche Sprüche sollten erst an der Realität vorbeigehenden Optimismus widerspiegeln, ehe dann mit dem Ausbleiben von Erfolgen wirre, depressive und nachgerade beleidigende Statements an deren Stelle traten. Das Ableugnen früher getätiger Aussagen ("Mein Wunschkader, mit dem ist Platz 1 - 5 möglich") stand dann als letztes Glied in der Kette. Ich persönlich würde mir ja lieber täglich einen Metallkübel auf den Kopf stülpen und eine Stunde lang mit einem Hammer draufhauen, als mir dessen verquaste Reden anzuhören. Die Leistungskurve der Mannschaft läßt darauf schließen, dass es den meisten Spielern auch so geht. Das Wörtchen "Arbeitsverweigerung" wird im Fußball inflationär und oft unangebracht verwendet,aber selbst der fügsamste Kicker in unserem Kader wird zumindest einen Gedanken daran verschwendet haben, viele darunter offenbar nicht nur das.
Dass Schinkels mit jedem Aspekt der Trainerarbeit überfordert war, war offensichtlich und auch keine Überraschung. Das Gleiche galt auch für Fritz Drazan, allerdings habe ich bei diesem auch nie für eine Sekunde in Frage gestellt, dass sein Herz an der Aufgabe hing. Schinkels hingegen machte schon von Anfang an klar, dass der Trainerjob nur so nebenherläuft. Kicken beim ATUS Velden, TV-Tätigkeit bei Servus-TV, ORF und Puls 4, Feten in Klagenfurt (zu denen die Mannschaft vergattert wurde) - dies nur die bekannten Spitzen des Eisbergs. Von Vereinsseite, obwohl diesbezüglich schon Stöger-geschädigt, wurde dagegen nichts unternommen. Schinkels fühlte sich dadurch offenbar zu neuen Höhen berufen und pfiff zugunsten seines FKK-Urlaubs auf den Trainingsbeginn - ein Unikum im Profifußball auf der ganzen Welt, wir waren wieder einmal das Gelächter der Fußballszene. Spätestens da hätte jeder Unterligafunktionär die Reißleine gezogen. Statt eventueller Abmahnungen und Fristlosen heißt es aber jetzt "Wer nicht hören will, muss zahlen" - der dritte Trainer innerhalb von knapp fünf Monaten muss her.
Eines ist klar: Mehr als eine Patrone haben wir nicht mehr im Revolver, der nächste Schuss muss sitzen. Es gilt daher nicht, die schnellste, sondern die beste Lösung zu finden (eine Phrase, ich weiß, aber bei uns kann ja nichts vorausgesetzt werden). Wenn Co-Trainer Fellner ein oder zwei Trainingseinheiten alleine leiten muss, wird das zu verkraften sein, ein neuerlicher Fehlschuss aber nicht. Es genügt nicht, die üblichen und von einigen Seiten gepushten Verdächtigen (Batricevic, Garger) aufmarschieren zu lassen bzw. aus dem Narrenkastl bekannte Gesichter aufgrund derer interessanten Analysen zu favorisieren. Letzteren Weg sind wir ja mit Stöger und Schinkels zuletzt gegangen...
Besser ein Interview zu viel als eines zu wenig (für den Preis eines Kaffees bekommen wir eventuell gute Ezzes), folgende Punkte gilt es anzureißen:
- Ist der derzeitige Kader für den neuen Trainer gut genug? Zwar könnte noch die eine oder andere Verpflichtung dazukommen, aber ein totaler Umbruch wird nicht möglich sein. Erst loben und dann verdammen, das können wir nicht mehr brauchen, Realismus muss Einzug halten. Das Gleiche gilt für die Einschätzung der Liga, nur zu sagen, Gratkorn oder Hartberg können auch nichts, wird zu wenig sein.
- In diesem Zusammenhang: Kann der Kandidat das derzeitige Leistungspotential jedes Spielers einschätzen? Es nutzt wenig, wenn etwa Martinez oder Topic aufgrund vergangener Jahre und nicht aufgrund des jetzigen Leistungsstandes beurteilt werden.
- Wie sieht das geplante Spielsystem aus, wie will man im Training die einzelnen Spieler besser machen? Als Sofortmaßnahme: Wie soll der Defensivverband verbessert werden?
- Sieht man sich als reinen Übungsleiter oder auch als Mann, der sich am Abend und am Wochenende im In- und Ausland in der Fußballszene umsieht? Klar ist, dass niemand im Verein sonst diese Aufgabe erfüllen kann oder will, wir daher in den Transferzeiten ohne Fachkenntnis herumrudern. Wenn auf der Hohen Warte niemand Spieler wie Balga oder Weber kennt oder einschätzen kann, sagt das ja alles, auf fachliche Hilfe brauche der Neue nicht zu hoffen.
- Eiern wieder eine jobsuchende Freundin, Cousin, Vater, was weiß ich wer noch, auf der Hohen Warte herum und ist der Trainerstab in sich abgeschlossen?
- Last but not least: Übt der Kandidat eine Berufstätigkeit aus oder ist er Profitrainer? Ersteres käme natürlich billiger und wäre kein Ausschließungsgrund. Schließlich hat sich noch kein Kicker oder Trainer bei der PVA verausgabt, es geht aber vor allem darum, abzuklären , wie weit sein zeitliches Engagement reichen kann bzw. ob es wieder irgendwelche obskure Nebentätigkeiten gibt. Auch wenn alle Spiele der Ersten Liga am Freitag stattfinden, kann das Wochenende für einen Fußballenthusiasten (und so einen brauchen wir) nicht schon um 20.30 beginnen.
Dass man natürlich auch bei den Ex-Vereinen bzw. ehemaligen Spielern der Kandidaten nachfragt, sollte auch selbstverständlich sein, oder?

Der neue Mann muss sicherlich das Pouvoir haben, im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten seinen Stab zusammenzustellen bzw. die Mannschaft nach seinen Vorstellungen zu formen. Es ist ein Ding der Unmöglichkeit (und auch wieder eine Döblinger Spezialität), ihm einen Co-Trainer aufs Auge zu drücken. Wenn der neue Mann explizit Fellner als Mitarbeiter wünscht, gerne, wenn nicht, dann nicht. Überhaupt hat Fellner als Kapitän und Stöger-Fan der Vorsaison bzw. jetziger Co-Trainer doch auch einige Fingerabdrücke am Tatort hinterlassen, sodass auch er sich nicht gänzlich aus der Verantwortung stehlen kann, so sympathisch er sich auch gibt.

Grundsätzlich kann man sagen: Schlimmer als mit Schinkels kann es nicht kommen. Doch das wird als Anforderungsprofil für einen Trainer zu wenig sein. Sowohl Stöger als auch Schinkels haben genug Fehler gemacht (Letzterer eigentlich nichts anderes). Doch die Verträge haben sie sich nicht selbst ausgestellt, weiß Gott, bei Schinkels gab es genug warnende Stimmen. Der Trainerfindungskommission Dvoracek-Bodizs-Kirchschlager ist daher ein glücklicheres Händchen als zuletzt zu wünschen...
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